Die wirklich wahre Geschichte vom Dollinger

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Ein paar Restkarten hätte es noch gegeben, für das K.i.W.-Spektakel am Sonntag im Schlosshof, aber gefühlt waren die Bänke und Stühle alle besetzt. Viele Eltern mit Kindern, aber auch Senioren, genossen die Spannung, bis es um 16 Uhr endlich losgehen würde. Johann Festner versprach in seiner Ankündigung nicht zuviel. Man wolle die Schlossfestspiele nicht wiederbeleben, aber man sei doch stolz auf die Co-Produktion von Mähnenwind und Kolping-Jugend – „der Dollinger wird heute neu geschrieben“.Die Autorin Schruff, die in rotem Kleid auch als Erzählerin auftrat, entwickelte die Figur des in Ungnade gefallenen Ritters (Armin Kind) vor allem in dessen Unterhaltungen mit dem Kerkermeister (Stefan Koran). Ironischer Weise war der selbst ein degradierter königlicher Schreiber, der viel lieber Oden verfassen als Häftlinge bewachen wollte.Gefangene sind sie also beide, egal auf welcher Seite des Kerkergitters. Als der fremde Ritter in die Stadt kommt, um den König zum Turnier zu fordern, und sich obendrein abzeichnet, dass es stattdessen den Dollinger erwischen soll, wittert der verhinderte Schriftsteller seine große Chance. Schließlich sitzt er doch an der Quelle und kann den Kampf auf Leben und Tod quasi als Live-Reportage für die Ewigkeit festhalten.

Schwiegertochter gesucht

Nachricht von draußen bringt auch regelmäßig die Mutter Dollinger (Barbara Kerler), die ihren Sohn im Gefängnis besucht und sich eher darum sorgt, dass ihr Sohn noch immer nicht unter der Haube ist. Dass er sich auf Leben und Tod schlagen soll, ist ihr fast einerlei, da kann der Dollinger noch so jammern: „Nein Mama, du sollst mir keine Frau suchen.“ Natürlich ist der Dollingerin auch das ziemlich wurscht. Auf dem Fischmarkt inspiziert sie schon den Busen und das Gebiss einer Fischverkäuferin (Annedore Fischer), während ihr Sohn mit seinem – womöglich allzukurzen – Schicksal hadert. Im Traum kämpft er schon mit dem Unbekannten.Und weil er schlicht nicht weiß, womit er es zu tun haben wird, hat er ordentliche Angst. Auch ist ihm bewusst, dass der Kampf in die Geschichte eingehen wird – egal wie er ausgeht. Wird er ewige Schande über sich und seinen Namen bringen ? Und wer ist eigentlich sein Gegner? Ungar oder Türke, spielt das überhaupt noch eine Rolle ?

Abstrakte Bedrohungslage

Zusammen mit dem Kerkermeister, der um möglichst dramatische Formulierungen ringt, kommt er jedenfalls darauf, dass es egal ist, welchen Namen man seiner Angst gerade gibt. „In ein paar Hundert Jahren, wenn sie etwas Neues haben, um sich zu fürchten, werden sie es sich schon zurechtschreiben.“ In einer Zeit, in der vorgeblich zur Terrorabwehr mehr abgehört und bespitzelt wird, als im Dritten Reich und der DDR zusammen, ist das gar keine so triviale Erkenntnis. Was ist eine abstrakte Bedrohung, wenn nicht das Volk und wie geht es selbst damit um ? Nicht wenige hoffen noch heute auf einen „starken Mann“, in der Legende stets verkörpert vom König oder Kaiser mit seinem goldenen Kreuz.

Eine neue Liebe

Als aber der Ritter Dollinger schließlich nach dem Stechen auf seinem eigenen Kreuz zu liegen kommt, ist es nicht irgendein frommer Zauber, der ihn wiederbelebt. Es ist ganz einfach die Fischverkäuferin, die sich inzwischen in den tragischen Helden verliebt hat, und die es nicht mitansehen kann, dass der Dollinger sterben muss. Ein Kuss haucht dem müden Krieger neuen Mut ein und zusammen ziehen sie von hinnen. Die Dollingerin ist entsetzt, schließlich lässt ihr Sohn damit alle Hoffnung auf ewigen Ruhm für ein bisschen reales Glück sausen. Aber das hört der Dollinger schon nicht mehr ...

Insgesamt überzeugte die Geschichte durch Witz und rustikalen Charme. Auch die Kostümwechsel zwischen dem Dollinger und seinem Stuntdouble wurden gut ins Stück integriert. Die Jugendtruppe des Kolpingtheaters wurde ihrem Ruf als Kulturpreisträger des Landkreises mehr als gerecht. Die Zuschauer belohnten die gelungene Adaption mit kräftigem Applaus. Mehr über weitere Aufführungen des Ensembles unter der Webadresse www.mähnenwind.de 

[Text Franz Nopper, DP; Foto Hans Eigenstetter]

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