Biermösl Blosn - Ausverkauft
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Aufhören soll man, wenn es am schönsten ist!
Die Biermösl Blosn im Schlosskeller bei einem ihrer letzten öffentlichen Auftritte Gaudi und Stimmung mit lokalen running gags - Musikalische Darbietung auf hohem Niveau
Für einen Nachruf ist es eigentlich noch zu früh. Trotzdem: Die Biermösl Blosn, die am Mittwochabend im Schlosskeller einen ihrer letzten öffentlichen Auftritte hatte, dem beigewohnt zu haben für die rund 300 Gäste somit eine quasi historische Dimension hat, wird es ab 21. Januar nicht mehr geben. Am Abend zuvor werden die drei Well-Brüder Christoph, Hans und Michael ein letztes Mal gemeinsam vor Publikum spielen. Umso höher ist es Johann Festner, dem Initiator und Motor von Kultur in Wörth anzurechnen, dass es ihm gelungen ist, das eigenwillige, aufmüpfige und anarchistische Trio für diesen letzten Auftritt in der Region zu gewinnen. Deutlich wurde allerdings auch, dass die Entscheidung, sich zu trennen, richtig ist.
„Es darf nicht sein, dass wir als Papageien enden, die immer nur wieder ihre eigenen Texte aufsagen“, hatte Hans Well, der ältere der Brüder, bei der Bekanntgabe der Trennung Ende August in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt. Seit ihrer Gründung vor gut 35 Jahren verbindet die Biermösl Blosn bayerische Stubnmusi mit politisch-satirischen Texten in Mundart und ist insbesondere durch Auftritte mit dem Kabarettisten Gerhard Polt einem großen Publikum bekannt geworden. Sie hat sich unvergängliche Verdienste dadurch erworben, dass sie immer dann zur Stelle war, wenn die CSU versucht hat, Politik gegen die Bevölkerung durchzusetzen. Als bekanntestes Beispiel in dieser Region mag ihre Unterstützung des Widerstandes gegen die WAA in Wackersdorf gelten.
Feindbilder fehlen
Mit der zunehmenden Europäisierung der deutschen und auch der bayerischen Politik sind den Musikkabarettisten zwischenzeitlich aber schlicht die Feindbilder abhanden gekommen. An einem Franz-Josef Strauß konnte man sich reiben, auch noch an einem Edmund Stoiber. Aber ein Horst Seehofer überholt die Kabarettszene regelmäßig rechts und liefert durch seine populistischen Vorstöße nicht nur die Vorlagen sondern gleich auch noch die kabarettistische Überspitzung, für die eigentlich die Well-Brüder zuständig wären. Und ein Markus Söder - „Söder, der wirbellose“ - kann das auf Dauer alleine auch nicht herausreißen. „Seit fünf Jahren ist es immer schwieriger, neue Texte einzustudieren.“ Und, vor allem: „Die CSU ist auch nicht mehr das, was sie einmal war“, hatte Hans in einem Interview mit der dpa anlässlich der Bekanntgabe der Trennung gesagt.
„Herausragender“ Schötz
Das war auch im Schlosskeller nicht zu überhören. Zwar peppen die drei Künstler ihr Programm gekonnt durch regelmäßige Einsprengsel lokaler Ereignisse und Eigenarten immer wieder auf - und ernten dadurch auch zuverlässig Lacherfolge beim dankbaren Publikum, wenn sie zum Beispiel den „berühmten Seehofer-Freund Herbert Schötz“ als herausragend bezeichnen, besonders dann, wenn er zwischen zwei Gartenzwergen steht, oder wenn sie auf den unrühmlichen Empfang des neuen Wörther Pfarrers durch anonyme Anschuldigungen im „Pius-Brüder-Stil“ anspielen. Wer die Blosn aber in den letzten Jahren öfter erleben durfte, kam nicht umhin festzustellen, dass der Rahmen immer der gleiche bleibt (das hatte Hans Well wohl mit ‚Papageien’ gemeint) und sich fast nur die Lokalbezüge ändern.
Fast, denn die drei sind so professionell, dass sie auch aktuelle politische Entwicklungen, wie etwa die Kandidatur Christian Udes zum Ministerpräsidenten („der Ude macht sich Hoffnungen, der Seehofer in’d Hos’n“) oder die missglückte Olympia-Bewerbung der Landeshauptstadt auf die Schippe nehmen. Und zwischendurch blitzt immer wieder die alte Größe auf, wenn sie beispielsweise vom CSU-Bürgermeister ihrer Heimatgemeinde Ried erzählen, der seit 31 Jahren an der Macht ist - „ein Jahr länger, als Mubarak“ - und bei der Bürgerversammlung die „zuagroaste“ Funkmast-Gegnerin niedermacht: „Erst 25 Jahr da wohna und scho s’Mai aufreiss’n!".
Kampf dem Warsteiner
Über weite Strecken aber beschränken sich die Brüder auf running gags, wie etwa die Anspielungen auf die Qualität von Warsteiner Bier - „wird als Brechmittel in Guantánamo eingesetzt“ - oder die Atmosphäre des spartanisch anmutenden Schlosskellers - „diese herrlich geschmückte Mehrzweckhalle“ wahlweise „diese Gruft“ - der, zugegebenermaßen, aufgrund seiner schlauchartigen Länge für solche Veranstaltungen nicht ideal ist. Am besten kommen die immer wieder eingestreuten lokalen Anspielungen an, etwa die: „Wo samma do higrod’n, wo’s a Fußgängerzone für Autos ham“, oder: „In da Kinderkrippe san ganze vier Kinder, dafür trifft se die Jugend in am verrost’n Container“.
Grandiose Musiker
Gut, dass die Well-Brüder so grandiose Musiker sind. Von ihrem hervorragenden Ruf als anarchische und dickschädlige Institution alleine hätten sie nämlich bei diesem Auftritt nicht zehren können. Gaudi?, ja!, und Stimmung?, ausgezeichnet!, den ganzen Abend lang. Aber politisch, gar anarchistisch? Da ist die Luft wohl raus. Vor allem Christoph und Michael bestechen mit ihrer musikalischen Vielseitigkeit. Beinahe bei jedem Stück spielen sie andere Instrumente, von Tuba und Okarina über Dudelsack und Bachtrompete bis hin zu Harfe, Drehleier und Alphörnern (deren Schalltrichter die Gäste in der ersten Reihe zum allgemeinen Ergötzen auf ihre Schultern nehmen mussten, weil die Bühne zu kurz ist). Hans hingegen (er spielt Harmonika und Gitarre) gilt als der Kopf der Truppe, der, der für die Texte zuständig ist.
Eigene Wege gehen
Und genau da ist auch die Sollbruchstelle der Biermösl Blosn. Während Hans das politische Programm des Trios stärker erneuern wollte, möchten Christoph und Michael künftig den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf den musikalisch-instrumentalen Bereich legen. Um diesen Gegensatz zu überbrücken und die Gruppe zusammenzuhalten, fehlen nach so vielen Jahren wohl der Biss und die Energie. Stattdessen könnte sich der älteste Bruder nun eine Zusammenarbeit mit dem Kabarettisten Dieter Hildebrand vorstellen. So oder so, die Well-Brüder werden der Allgemeinheit wohl erhalten bleiben. Wenn auch nicht mehr als Biermösl Blosn. Aufhören soll man immer dann, wenn es am schönsten ist, besagt eine Volksweisheit. Ein Glück, dass die drei diesen Zeitpunkt nicht verpasst haben.
[Text: ThomasHossfeld; Bilder: Barbara Kaiser]