Die Christen mussten viel erdulden

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Viele Dokumente sind erhalten

“Allgemein lässt sich sagen, dass Wörth ein Sonderfall ist, denn zu unserer Pfarrei gibt es noch sehr viele Dokumente, die erhalten geblieben sind”, sagte Lorenz Schnitt. Vor 1933 warnten die katholischen Bischöfe vor der Wahl der NSDAP. Kurz nach der Machtergreifung hatte sich Adolf Hitler noch für eine Zusammenarbeit ausgesprochen, jedoch wenig später sein wahres Gesicht gezeigt: Als Machtdemonstration wurden 90 Priester verhaftet und teilweise misshandelt. Vereinsheime wurden beschlagnahmt und Versammlungen waren nur noch mit Erlaubnis des Bezirksamts genehmigt. Proteste dagegen zeigten keinerlei Wirkung. 

In Wörth trug Kaplan Andreas Kammermeier einen Konflikt mit den Herrschenden aus und hätte dafür beinahe bitter bezahlen müssen. Die DJK, eine katholische Jugendorganisation, hatte ein Zeltlager in Wörth veranstaltet, das jedoch durch die Behörden verboten und abgebrochen wurde. Kammermeier und etwa 50 Jugendliche widersetzten sich den Anordnungen. Sie unterliefen das Verbot und marschierten in einem Festzug zur Kirche. Ab diesem Zeitpunkt war der Kaplan den politischen Machthabern ein Dorn im Auge. 

In Schutzhaft genommen

Als alle Lehrer dazu verpflichtet wurden, mit ihren Schülern das vaterländische Gebet in den Unterricht einzuführen, überspannte Kammermeier den Bogen: Er stellte es den Kindern frei, das Gebet aufzusagen. Damit lieferte er den Nationalsozialisten einen Grund, ihn in Schutzhaft zu nehmen. Dort erlitt der Geistliche einen Nervenzusammenbruch und wurde in das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder eingeliefert. Schließlich kam er mit einer Verwarnung davon und durfte die kleine Pfarrei Geltolfing in Niederbayern übernehmen.

“Dort hat er großes Unheil von seiner Gemeinde abgewandt und den Ort vor der Zerstörung gerettet”, berichtete Lorenz Schnitt. Als die US-Armee anrückte, verhinderte Kammermeier, dass ein Maschinengewehr auf dem Kirchturm in Position gebracht wurde. “Wären die Amerikaner aus dem Ort heraus beschossen worden, dann hätten sie das Dorf in Schutt und Asche gelegt”, so Lorenz Schnitt. “Kammermeier hat unter Einsatz seines Lebens die weiße Fahne gehisst und eine friedliche Übergabe ermöglicht.” Anschließend musste er sich vor den letzten verbliebenen SS-Schergen in Sicherheit bringen, die ihm nach dem Leben trachteten. Kammermeier verrichtete seinen Dienst noch bis ins Jahr 1988. “Am Heiligen Abend ist er vor der Kinderchristmette zusammengebrochen und in seiner Sakristei verstorben”, erinnerte Lorenz Schnitt.

 Der Nachfolger von Kammermeier in Wörth, Wolfgang Schleich, übernahm im Frühjahr 1934 sein Amt. In seiner ersten Predigt sagte er: “Es gibt keinen nationalen Gott.”

Vereinsleben zu erhalten versucht

Ab diesem Zeitpunkt stand er unter Beobachtung des NS-Machtapparats. Er kämpfte vor allem gegen das Vereins- und Versammlungsverbot. Zahlreiche Briefe - und ablehnende Antworten - sind erhalten, in denen Schleich um Genehmigungen bittet, Treffen für Jugendgruppen abhalten zu dürfen.

“Seine Möglichkeiten waren begrenzt, aber er hat immer versucht, das Vereinsleben zu erhalten”, fasste Lorenz Schnitt zusammen.

[Sebastian Schmid, Wörther Anzeiger]

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