Gray Earls: Rentnerband erweist dem Rock die Reverenz

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„Gray Earls“ ehren bei „K.i.W.“-Konzert die Klassiker der sechziger und siebziger Jahre

In Ehren gealtert sind die Herrschaften, die auf der „K.i.W.“-Bühne stehen. „Gray Earls“ nennt sich der Verband treffend, graue Barone, deren sechs Akteure zwischen Ü50 und U70 einzuordnen sind und zusammen auf weit über 300 Jahre kommen. Oldies sind sie geworden - wie die nicht mehr ganz so taufrischen Lieder, die sie beim Konzert am Samstag im Bürgerhaus vortragen. Unverwüstlicher, unverwechselbarer, reiner Rock‘n‘Roll, gemischt mit waschechtem Blues bestimmt das Repertoire der jung gebliebenen Pensionäre und angehenden Ruheständler, die Interesse und Leidenschaft für die unvergessenen Meisterwerke mit Kultstatus teilen.

Akademische Bildung und berufliche Karriere schützt offenkundig vor dem Einfluss und der starken Wirkung dieser faszinierenden, vitalen und widerstandsfähigen Musik nicht. Ein Jurist und ein emeritierter Professor der Wirtschaftswissenschaften, dessen Prognosen schon mal der Bundesregierung zu neuen Einsichten und Erkenntnisse verholfen hatten, ein Buchhändler und Pädagogen befinden sich auf einer Wellenlänge mit so berühmten Veteranen wie Chuck Berry, Little Richard oder Jerry Lee Lewis, mit kreativen Komponisten wie Jerry Leiber und Mike Stoller, die mit Klassikern wie „Hound Dog“ und „King Creole“ den Erfolgsradius von Elvis Presley erweiterten und Rockgeschichte geschrieben haben.

Entstanden ist die Rentnerband bei einem Projekt in der Musikakademie Alteglofsheim. „Das beste Ergebnis stellt sich heute vor“, versicherte Professor em. Wolfgang Wiegard (Gitarre, Gesang), der mit Hanna Röhrl (Saxophon, Gesang), Chris Röhrl (Bass, Gesang), Dieter Frank (Gitarre, Gesang), Peter Frank (Schlagzeug) und Uli Volk (Gitarre Gesang) die Aktionsgemeinschaft bildet.

Bei der Ouvertüre erwiesen die originellen Oberpfälzer gleich beiden Stilrichtungen die Referenz. Die Empfehlung „Let’s work together“, mit der Bob „The Bear“ Hite und „Canned Heat“ 1970 den Durchbruch geschafft hatten, eröffnet die Erinnerung an die hohe Zeit der Flower-Power-Bewegung, die mit ihrer Friedensphilosophie und Freiheitsideologie einen globalen Bewusstseinswandel auslöste und im August 1969 mit dem Woodstock-Festival ihren Zenit erreichte.

In Memphis, Tennessee, ist der Siegeszug aufgebrochen, der nicht mehr aufzuhalten war, der in England mit den Beatles richtig Fahrt aufgenommen und in aller Welt Station gemacht hat.

[...] Plötzlich waren sie da und in aller Munde: Bill Haley und Buddy Holly, Scott McKenzie und seine Anregung, in San Francisco unter allen Umständen Blumen im Haar zu tragen, die Mamas und Papas, die den kalifornischen Traum beschrieben, Jimi Hendrix, die Rolling Stones und Creedence Clearwater Revival mit dem produktiven Songwriter John Fogerty, den die „Gray Earls“ mit dem Titel „Fortunate Sun“ gebührend ehren.

Halt macht die Gruppe bei ihrer akustischen Tour in die Vergangenheit auch im eigenen Land. Das Leid mit dem Euro-Fieber kombiniert das Team mit dem 1959 entstandenen „Kriminal-Tango“ von Hazy Osterwald. Der Text passt zumindest in Ansätzen zur fortwährenden Währungsskepsis und Bankenkrise: „Dunkle Gestalten, rote Laternen, steigende Spannung...!“ Umgehend folgt eine Liebeserklärung in Blues. Wolfgang Wiegard kann die charmanteste ZDF-Moderatorin einfach nicht vergessen. Er räumt jedenfalls frank und frei ein, dass es ihm beim Anblick von Marietta Slomka nach wie vor „heiß und kalt“ wird.

[Sepp Raith; Donau-Post]

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