Koryphäe der Kabarettisten auf der „K.i.W.“-Bühne
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Abend mit Gerhard Polt ein großes Erlebnis – Volles Haus und überzeugende Vorstellung
Man muss der Wahrheit schon die Ehre geben. Was immer dem vitalen Senior mit dem flotten Mundwerk wertschätzend nachgesagt, tadelnd unterstellt oder vorwurfsvoll zur Last gelegt wird, trifft zu. Jede Hypothese, jedes (Vor)Urteil stimmt, weitgehend zumindest. Er ist zweifellos authentisch und eigensinnig, garantiert volksnah, hartnäckig geradlinig, manchmal hantig und direkt, bisweilen zu sehr. Seine Bewertungen sind so herzhaft und deftig wie ein ofenfrischer Schweinebraten, seine Expertisen so scharf und stark wie hochprozentiger Obstbrand. Dieser Gerhard Polt vom Stamm der Oberbayern nimmt sich bei seinen zynischen Analysen gerne die Beinfreiheit, die SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gerne hätte. Auch am Freitag erweist er sich auf der „K.i.W.“-Bühne im Schlosskeller als Koryphäe des Kabaretts, als Profi der Persiflage, als Rhetoriker mit der offenkundigen Neigung zur empfindsamen Polemik, die ganz weit weg ist vom lausigen Humor einfältiger Comedians, die nur noch unerträgliche Kost servieren. Der ansprechende Abend ist ein Erlebnis für das Publikum, die Vorstellung ein besonderes Ereignis im Kulturprogramm der Stadt.
So oft ergibt sich der Handlungsbedarf für die Feuerwehrleute nicht. Schon am Petersplatz beziehen sie Position, stellen Absperrungen auf, bitten Autofahrer zur Umkehr. Richtung Schloss geht nichts mehr. Zu viele haben das gleiche Ziel. Zuspruch und Interesse machen aber auch Laune und Freude. Der Veranstaltungsort ist randvoll. Was will ein Gastgeber mehr. Und richtig angenehm ist es an historischer Stätte bei der Hitze zudem. Ganz im Gegensatz zu den Wellküren Anfang Juli klagt diese prominente Persönlichkeit, die vor dem Auftritt locker und leger mit einigen Gesprächspartnern plaudert und über ihre Heimat am Chiemsee erzählt, nicht über Kälte. Von wegen der unnahbare, eingebildete Meister seines Fachs, der distanzierte „typus maximus“, der die Bodenhaftung verloren hat. Doch nicht Gerhard Polt.
Es wird Zeit für den Start. „Sogt der no wos oder soll i ofanga?“ Gemeint ist der „K.i.W.“-Hauptmann Hans Festner. Oder Bürgermeister Anton Rothfischer, der dann doch vor die 300 glücklichen Besitzer einer Eintrittskarte tritt und im Rampenlicht eine „bekannte Person“ ankündigt, die „mit einem Flascherl Schlossbitter nach Wörth gelockt“ worden sei. Diese Investition hat sich auf jeden Fall gelohnt.
„Habe d’ Ehre...“
Gerhard Polt grüßt erst mit einem freundlichen „habe d‘ Ehre“ und legt gleich richtig los. Einen guten Einstieg ermöglicht das Signal eines Handys aus dem Zuschauerraum: „Sog einfach: i bin ned do...!“
Und wie dieser 71-jährige Sprachvirtuose, Schauspieler und Buchautor mit dem feinen Gespür für die Grotesken da ist; er ist präsent, dieser erfahrene Karikaturist des Alltagslebens, der ständig Ausschau hält nach den Ecken und Kanten seiner Landsleute, der die Manieren, Merkwürdigkeiten und die Mentalität seiner Mitmenschen kennt und treffend deutet, eher wenig Nachsicht mit der Partei der Politiker übt, der mit einer spürbaren Faszination der Gesellschaft schmunzelnd den Spiegel vorhält und - wie ehedem Karl Valentin - dem Zeitgeist seiner Generation mit den Stilmitteln der Satire und Ironie auf den Grund geht. Dieser Routinier, der sich in früheren Tagen mit der Biermösl-Blosn wunderbar ergänzte, gewinnt das Publikum blitzschnell. Die Kombination seiner Wahrnehmungen und Standpunkte mit blendender Unterhaltung kommt an.
Die Antworten auf die Frage, warum Mann und Frau heute so sind, wie sie sind und nicht anders, interessierten ihn seit Jahrzehnten. Die Feuerwehrleute in Hausen zum Beispiel, die sich mächtig ins Zeug legen, innerhalb von vier Festtagen mit ihren Gästen 21 000 Liter Gerstensaft (ohne Weißbier) verbrauchen und überhaupt sehr erfolgreiche Jugendarbeit leisten - etwa durch die Eigeninitiative „Drogen schaden Dir“. Zehn Cent von jedem Stamperl Schnaps gehen auf das Konto dieser Aktion - ein Bombenerfolg: „Da soll doch noch einer sagen, die jungen Leute haben keinen Idealismus mehr...!“
Bildung und BR...
Über die Bildungspolitik erreicht Gerhard Polt das BR-Frühstücksfernsehen „mit de Gfrieser“ bei den gymnastischen Dehnübungen - und das alles auf nüchternen Magen. Seine Aufmerksamkeit konzentriert sich auch auf die historischen Fakten. „Ohne uns gäbs nirgends Wiener Schnitzel“, bezieht er sich auf das gute Ergebnis einer Schlacht bei Wien.
Noch mehr zu denken gibt ihm ihm freilich der erstaunliche Umstand, dass es im Freistaat noch kein CSU-Museum gibt. Dabei hätte er doch selten wertvolle Objekte in der Sammlung, echte Sehenswürdigkeiten, die der breiten Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden dürften: die original Weißwurst-Haut, gezuzelt von Angela Merkel im Hause Stoiber, oder den blanken Knochen von einem stattlichen Schweinshaxn, abgefieselt von Franz Josef Strauß höchstpersönlich.
Bei einem anderen Thema redet der Veteran auch nicht um den heißen Brei herum: „Ich bin kein Fußgänger, war noch nie einer und werd’ keiner. Das ist für mich längst gelaufen.“ Als leidenschaftlicher Autofahrer ist er aber ganz schlecht zu sprechen auf die brutalen Kerle, die in Berlin „völlig unschuldige Pkws auf offener Straße flambieren“. Und von den apokalyptischen Radlfahrern lässt sich der Fan der Fahrzeuge schon gar nicht unter Druck setzen. „Wenn sich die ganze Welt gegen die Autofahrer verschwört, dann kauf‘ i mir grod einen Neuwagen“. Obwohl: Die Bestellung stellt bei den Möglichkeiten der Ausstattung, wie dem Memory-Gerät für die verwirrte Gattin, schon eine besondere Herausforderung dar. Jeder Euro sei beim Inventar gut angelegt: „Lieber perlsilberner Lack als des ganze Geld in Athen.“„Milder geworden...“
Nach dem Telefonat mit Freund Erwin, den er erst nach mehreren Minuten aus der Leitung bekommt, bedanken sich die Besucher bei Gerhard Polt für einen Vortrag, von dem auch der „K.i.W.“-Kapitän sehr angetan ist. „Er ist milder und sanfter geworden“, so der Eindruck von Hans Festner, „er ist nicht mehr gar so böse und überzeichnet die Charaktere nicht mehr so stark wie früher.“ Eine durchaus vertretbare Einschätzung.
[Text und Bilder: Sepp Raith, Donau-Post]