Stadt(ver)führung - Industriekultur
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Wörther Ziegel in der Denkmalpflege sehr gefragt
Besuch beim Familienbetrieb Senft – Nur noch 18 Produktionsstätten in Bayern
Sparsamkeit, bedingungslose Zähigkeit, Fleiß, Geduld sowie der innovative gestalterische Drang, die Produktion stets auf Neuentwicklung auszurichten und dennoch der zeitgemäßen Nachfrage zu entsprechen: Auf diesen Grundelementen basiert die Tatsache, dass sich die Ziegelei Senft zu den noch 18 verbleibenden Ziegeleien in Bayern zählen kann. Aber auch der familiäre Zusammenhalt bildet den Grundstock des Erfolges, konnten sich zahlreiche Teilnehmer am Samstagnachmittag bei der Führung durch die Ziegelei [...]. Und dennoch ist es Gänsefedern zu verdanken, dass der Betrieb diese Entwicklung nahm. Ein wichtiges Standbein sind heute Projekte in der Denkmalpflege.
„Bis zum Jahre 1993 ging es den Ziegeleien gut, dann trat eine Wende ein. Der Ostanschluss war erledigt und die Architektur setzte vorwiegend auf Stahl, Glas, Beton und Holz“, erklärte der 85-jährige Seniorchef Franz Senft. Im Jahre 1993 übernahm Franz Senft junior den Betrieb, der die Marktlücken geschickt zu nutzen weiß. „Wir stellen Ziegel her, die andere maschinell nicht erzeugen können und wollen, da der Aufwand und die Umstellung der Maschinen sich nicht rechnen würden“, verdeutlichte er die Firmenphilosophie.
Der Lösslehm lagert direkt hinter der Ziegelei. Auf einem Förderband geht es zur Mischung in den Rundbeschicker, bei der Sägespäne und Ton, der aus Hengersberg und Schwarzenfeld bezogen wird, beigemengt werden.[...].
Im „Kollergang“ drehen sich Stahlwalzen im Kreis und zerkleinern den Ton zur weiteren Bearbeitung. Im Walzwerk wird er bis zur benötigten Körnung, die zur Produktion benötigt wird, zermahlen. Auch auf die gleichmäßige Ausrichtung der Feuchtigkeit ist zu achten, damit die Qualität gewährleistet ist. Die Strangpresse drückt mit hoher Leistung das Gemisch durch ein Stahlmundstück. „Wir haben im Betrieb über 50 verschiedene Mundstücke und können somit eine hohe Anzahl an verschiedenen Ziegelformen anbieten. Das Mundstück gibt dem endlosen Ziegelstrang die äußere Form und das Lochbild. Für jede Ziegelgröße und -form wird ein anderes Mundstück in die Presse gesetzt. „So ein Mundstück, das teilweise aus Niro besteht, kostet rund 18000 Euro“, rechnete der Inhaber vor. Gerade Projekte in der Denkmalpflege, die oft seltene Formen und eine geringere Anzahl benötigen, kann die Firma aus Wörth beliefern, zumal diese Aufträge für die großen Werke uninteressant sind.
Der Ziegelabschneider, bei dem immer ein Arbeiter vor Ort sein muss, schneidet mit einem Stahldraht jeden Ziegel einzeln ab. „Die frisch geschnittenen Formlinge werden vom Lattenautomat auf der Nassseite aufgereiht und von der Schiebebühne abgeholt. In der Trockenkammer verweilen sie fünf bis sieben Tage. Darauf holt sie die Schiebebühne wieder ab und setzt sie abermals auf den Lattenautomaten, der sie mit einem Förderband zum Setzen auf die Ofenwagen bringt“, erläuterte Brigitte Delp, die Tochter des Firmenbegründers, die vor allem im Büro und an der Presse tätig ist. Das Team vervollständigen die zweite Tochter Rita Steger und Allrounder Franz Laumer, der seit über 40 Jahren in der Firma beschäftigt ist. Auch Enkel Florian Steger hilft in seiner Freizeit und stand stets für Auskünfte zur Verfügung.
Im Tunnelofen, der mit Holz, Kohle und Öl beheizt wird, werden die Rohlinge bei einer Temperatur von bis zu 1000 Grad gebrannt. Es dauert zwei bis drei Tage, bis der Wagen den 80 Meter langen Tunnel durchlaufen hat. „Früher brannte der Ofen von April bis Dezember durchgehend, heute kommen wir auf jährlich zwischen 80 und 100 Brenntagen“, zeigt der Inhaber die Entwicklung auf. Der fertige Ziegel wird auf ein Transportband gesetzt und zum Verladen bereitgestellt. „War einfach super, vor allem der Feuerofen aber auch die Produktionsabläufe waren beeindruckend“, waren sich Lauren und Simon Klesse sowie Simon Müller einig.
Auf Nachfrage, wann denn die erste Maschine erstanden war, bekommt der rüstige Seniorchef immer noch glasige Augen: „Oh mei, des war was! Da hob i a Press’ aus ’m Ruhrgebiet b’stellt und de is dann fast zwoa Monat ned kumma, weil’s af an Steh’gleis g’stand’n is. Am Tag der Währung is dann im Bahnhof in Wörth o’kumma, aba bloß mehr holbad, wal’s verklaubt war. Und zoaln hob’ es a nimma kenna. As Geld war a nix mehr wert. Nach am langa Streit hob’ i dann a neie Press’ g’lifad griagt. Oba wia zoaln? Mei Muada hod am Dachbod’n Gansfedern g’habt und mit dene hob’ i d’Maschin auslös’n kenna. De war’n mehr wert als vui Geld!“
[Text Beate Geier, Donau-Post; Fotos Johann Festner]