ueTheater: Einblick in Alltag eines Asylbewerbers erhalten
Eingetragen am
Theaterstück im Bürgersaal aufgeführt – Besucher beteiligten sich an reger Diskussion
Kein Mensch ist illegal. Dank dieser Überzeugung veranstalteten die Verantwortlichen von „Kultur in Wörth“ und die Arbeitsgruppe des Asylnetzwerks Wörth am Sonntag eine Theateraufführung zum Thema „Asyl“ im Bürgersaal. Die Hauptanliegen waren „Keine Residenzpflicht!“, „Keine Lager!“ und „Keine Deportationen!“
Neben den authentisch vorgetragenen Szenen aus dem Leben von Asylbewerbern war besonders die Diskussion, die sich nach dem Theater entwickelte, aufrüttelnd und mitreißend. Mehrere Wörther Bürger meldeten sich zu Wort: Sie waren von den gespielten Szenen, die auf originalen Dokumenten sowie Erfahrungsberichten von Asylsuchenden in Deutschland basieren, tief bewegt und sogar teils schockiert.
Hitzige Debatte
In zehn verschiedenen Szenen wurde dem Zuschauer im ersten Teil des Theaterstücks ein Einblick in den Lebensalltag von Asylbewerbern gewährt. Zwischen jeder Szene gab es einen kurzen, informativen Videofilm, der anhand von Zahlen und Fakten das zuvor Gesagte untermauerte. Einprägsam dargestellt wurden vor allem die Ablehnung und die oft menschenunwürdige Behandlung, mit der sich Asylbewerber auseinandersetzen müssen. Es waren Anfeindungen wie „Ausländer sind robust; du musst nicht krankgeschrieben werden“ und insbesondere die Abschiebungsszene, bei der eine ältere Frau, trotz versichertem Bleiberecht, im Bademantel binnen weniger Minuten von einem Pulk von Polizisten gefesselt und abtransportiert wurde, die Diskussionsbedarf boten. Einige Zuschauer konnten nicht so recht glauben, was sie auf der Bühne gesehen hatten. Sie verwiesen darauf, dass (zumindest) im Wörther Asylheim die Zustände „nicht so schlimm“ seien. Außerdem meldete sich ein Mann zu Wort, der auf Ängste und Sorgen der deutschen Bevölkerung verwies, die oft durch den Zuzug der ihnen unbekannten Kulturen und Nationen verunsichert seien. Des Weiteren wurde vor allem über verschiedene Gesetzeslagen diskutiert, wie über die „Residenzplicht“ (Asylbewerber dürfen einen bestimmten Bezirk nicht verlassen) und die an Flüchtlinge verteilten „Wertgutscheine“ (Essen und Kleidung darf nicht mit „eigenem Geld“ gekauft werden). Die Mehrheit der Zuschauer empfand dies als entwürdigend und diskriminierend.
Engagierte Bürger
Selbst handeln und neue Möglichkeiten schaffen: So hatten es sich die Verantwortlichen der Theateraufführung für den zweiten Teil der Veranstaltung vorgestellt. Ausgewählte Szenen wurden noch einmal dargeboten, dieses Mal jedoch durfte der Zuschauer selbst in die Handlung eingreifen: Als „Zu-Schau-Spieler“ kann dann die Situation zu einem anderen, beziehungsweise besseren Ausgang geführt werden. Prompt meldete sich gleich eine Frau, eilte auf die Bühne und übernahm den Platz eines Passanten im Zug. Im ersten Teil des Theaterstücks war in dieser Szene gezeigt worden, wie eine allein reisende Asylantin völlig grundlos von einer Polizistin in rüdester Weise angesprochen worden war. Doch dieses Mal nicht! Im zweiten Teil sollte ja alles anders werden. Die Zuschauerin, die nun selbst auf der Bühne Teil des Geschehens war, konnte das nicht auf sich sitzen lassen und schaltete sich ein: „Was soll das? Seien Sie doch etwas freundlicher!“, ermahnte sie die Polizistin. Aufgrund ihrer Reaktion schalteten sich jetzt auch die anderen Mitreisenden ein und konnten so eine Mehrheit gegen das ungerechtfertigte Verhalten der Beamtin erreichen. Sie wünsche sich, sie hätte im echten Leben auch so viel Zivilcourage, sagte die Frau, als sie die Bühne verließ. Ein weiterer Zuschauer wollte sich auch noch an der gleichen Szene beteiligen und sprang auf die Bühne. Er berief sich sofort auf Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar.“) Das restliche Publikum merkte gleich: Der Mann kannte sich aus und er wollte der Asylbewerberin unbedingt helfen. Zum Schluss drohte er der Polizistin sogar mit der „Dienstaufsichtsbehörde“ und erntete dafür Applaus von allen Anwesenden.
Miteinander wichtig
Das einheitliche Credo der gelungenen Veranstaltung war: Es muss mehr Aufklärung in der Bevölkerung stattfinden. Dies wäre insofern von Nöten, da der Zuzug von Asylanten in den nächsten Jahren europaweit zunehmen wird. Daher wäre es wichtig, ein angstfreies Klima für die „Geflohenen“ wie in gleichem Maße auch für die Einheimischen zu schaffen.
[Donau-Post; Lohmeier]