Vorstellung des Donau.Wald.Kultur-Buches

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Erst mal Bestandsaufnahme. Ganz wissenschaftlich. Nach Orten sortieren und abbilden. Nichts anderes ist Sinn und Zweck des Donau.Wald.Kultur-Lesebuchs, das wir in der Donau-Post nun schon sattsam angekündigt und vorgestellt haben. Ali Stadler und seine Mitstreiter aus den fünf plus eins Kommunen haben gründliche Arbeit geleistet, haben Relevantes berücksichtigt und gewiss auch Unnötiges weggelassen. Herausgekommen ist eine Innenansicht der hiesigen Lebenswirklichkeit. Sogar Erinnerungen sind hochaktuell und verweisen ins Jetzt – denn das, was einmal war, wird auch nur bewusst, weil es irgendwie fehlt.

„A ganz normales Haus – darf der des?“

Es gab am Samstag im Bürgersaal natürlich eine Menge zu lachen. Wenn etwa die Wiesenter Anita und Sepp Raab nicht wissen, was sie mit dem nun leerstehenden Kinderzimmer anfangen sollen – und sämtliche Vorurteile und Klischees abarbeiten, die man einem möglichen Mieter nur entgegenbringen kann. Oder wenn Ali Stadler auf ein ganz normales Haus in einem Neubaugebiet blickt, komplett ohne Toskana-Vorbau und winklige Dachgauben. „Einfach nur a ganz normals Haus – darf der des?“ Und fast immer ist da so ein Hintersinn, eine Art von Bedauern – Melancholie.

Josef Schütz, der an dem Abend Vorwald-Sepp gerufen wurde, um ihn vom Vorstadt-Sepp Schindler zu unterscheiden, also der Schütz Sepp, er trug seine „Heimatliebe“ vor. Eine Ode an die Natur, aber auch an die Mitmenschlichkeit. Der Schmerz, etwas oder jemanden verloren zu haben, das einem Halt gab, auch das bedeutet Heimat. Noch deutlicher wurde das in Michael Scheiners Beitrag über den Sternenhimmel bei Adlmannstein. Es war eins der letzten bayerischen Dörfer ohne Straßenbeleuchtung und Scheiner schilderte bewegend, wie man ohne die Lichtverschmutzung am Boden viel öfter den Blick und damit die Gedanken nach oben richtete, ins Firmament. Heute sieht man dank Laternenmasten die Sterne auch in Adlmannstein kaum noch – Fortschritt oder Verarmung?

Fehlinvestition in den falschen Opferstock

Pfarrer Johann Baier und Johann Festner lasen einen Briefwechsel vor – einen echten übrigens, wie Festner betonte – in dem er sich beim Pfarrer als „Sünder“ mit der Beschwerde meldete, dass der Opferstock an der Pestkapelle zu voll sei, um noch etwas hineinzuwerfen. Und wie solle er nun, der Sünder, etwas für sein Seelenheil tun? Der Pfarrer musste ihn zunächst aufklären, dass die Zeiten, in denen man sich aus dem Fegefeuer herauskaufen konnte, wohl vergangen seien. Und selbst wenn es nutzen sollte – so hundertprozentig ausschließen lasse sich das nicht – wäre das Geld in diesem Opferstock gewiss eine Fehlinvestition, weil er nicht der Kirche gehöre, sondern einem Verein. Ablass gebe es wenn überhaupt nur durch Geldeinwurf in einen Opferstock der Stadtpfarrei und da sei noch nie einer wegen Überfüllung ausgefallen ... Isabella Binder aus Pfatter berichtete über die Rettung der Pfatterer Roum, ein nur hier vorkommendes altes Würzelgemüse, das man eben nicht mit Zuckerrüben verwechseln dürfe; eher seien die Roum der Form nach mit Petersilienwurzen zu vergleichen.

Drei Radi, drei Roum, drei Pfadara Boum

Es gelte der Spruch: „Drei Radi, drei Roum, drei Pfadara Boum, san alle so rass, dass der Deifl net frass“. Beinahe wäre die Sorte ausgestorben, hätte nicht Karl Ebner auf dem Dachboden ein Tütchen mit altem Saatgut seiner Mutter entdeckt und neu angesät. Rita König aus Rettenbach las das Gedicht „Äbbas“ vor, das erschöpfend erkundete, wie das bayerische „etwas“ im Vorwald zugleich alles und nichts heißen kann ...

Josef Schindler, also jetzt der Vorstadt-Sepp schließlich, trug Passagen aus seinem Buch Saupech und Schweineglück vor, in dem er seine Nachkriegs-Kindheit in der Wörther Taxisstraße schildert. Gerüche und Geräusche von Misthaufen und Hausschlachtungen, all das war immer auch anstrengend, anrüchig und brutal. Aber es war lebendig, abwechslungsreich und echt.

Schindler vertrat außerdem die Autorin Bettina Auer, die den Ausschnitt aus ihren Fantasy-Roman aus beruflichen Gründen nicht vortragen konnte. Wie bei der Gelegenheit zu erfahren war, plant Schindler für November die Veröffentlichung eines weiteren Buchs, in dem er seine Jugend und das Erwachsenwerden in der Fremde autobiografisch verarbeiten wird.

Die Zeit zwischen den Lesestücken und Gedichten überbrückte die Wörther Stubenmusi und das trotz zeitgleicher Kolping-Theateraufführung nicht eben spärliche Publikum genoss die gut zwei Stunden nachdenklicher und humorvoller Poesie sichtlich. Wie Bürgermeister Anton Rothfischer schon eingangs bei seiner Begrüßung sagte: „Ein toller Erfolg. Band zwei und drei sind jederzeit willkommen.“ Band eins ist erhältlich in den Rathäusern der beteiligten Kommunen und in der Hartungschen Buchhandlung.

[Text und Foto: Franz Nopper, Donau-Post]

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