Wortschätze

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Alles voll im Feuerwehrhaus: Der Dialektabend am Freitag hat viele Besucher angezogen. „Schön, dass so viele Leute
doch noch Interesse an unserem Dialekt haben“, sagte Lena Schöberl. Wörths Kulturbeauftragte hatte den Abend organisiert und
leitete ihn.

Der Dialektabend stand unter dem Motto „Woaßt as?“. Heißt: Die Teilnehmer waren aufgerufen, auf einen Zettel ein bairisches Wort zu schreiben, „von dem ihr glaubt, das wissen die anderen nicht“, wie Schöberl erklärte. Sie las anschließend die Wörter vor und die Anwesenden lieferten ihre Erklärungen, was denn da gemeint sei.

Dabei fielen zwei Dinge auf. Erstens: Ein geschriebenes Dialektwort vorlesen, das man nicht kennt, ist gar nicht so einfach. Zweitens: Selbst innerhalb eines vergleichsweise kleinen geografischen Raums wie zwischen Regensburg, Straubing und dem Bayerischen Wald kann ein Wort verschiedene Bedeutungen haben, oder es gibt ein Wort, das genau so klingt, aber etwas völlig anderes heißt und im Standarddeutschen auch völlig anders geschrieben würde. „Tuchad“ zum
Beispiel. Das erklärte die Mehrheit der Besucher als „Angewohnheit“, vor allem als schlechte Angewohnheit. Eine Untugend also. Möglich, sagte einer der Teilnehmer, wohl der, der das Wort aufgeschrieben hatte. Er sei aber aus dem Wald, und da sage man so zur Bettdecke – statt der Tugend steckt da das Tuch im Wort.

Des einen Bettdecke ist des anderen Untugend

Was mit „im Naim“ gemeint sein könnte, machte den Teilnehmern einiges an Kopfzerbrechen, bis schließlich die Lösung kam: Ein Stück Gewand „im Naim“ zu waschen, bedeute, es auf links zu waschen. Oder der „Schnerpfl“: Da war das Problem nicht, dass niemand gewusst hätte, was gemeint ist. Nur fehlte den Teilnehmern erst einmal ein passendes standarddeutsches Wort, um den „Ausguss von einer Kanne oder einem Kanister“ beziehungsweise „etwas Hervorstehendes“ zu übersetzen. Was ein „Muhagl“ wiederum ist, wussten viele: ein maulfauler, ungehobelter Mensch. Und das – nicht der – Mensch ist ein Begriff für eine meist junge Frau, der bei uns abwertend und in Teilen Österreichs vollkommen wertfrei gebraucht wird. In der Mehrzahl dann übrigens nicht Menschen, sondern Menscha.

Andersherum funktionierte das Spiel auch. „Wie sagt ihr zu Kartoffeln?“, fragte Schöberl. „Erdäpfel“, kam da als Antwort. „Irpfe“. Und dann eins, das sie nicht erwartet hatte: „Bodatn“. Mag „potato“ oder „patata“ die Grundlage sein – da hat sich eine Fremdsprache eingeschlichen, wie es bei so manchem Dialektbegriff der Fall ist.

Ebenfalls ein Ratespiel hatte Bernhard Lohmeier vorbereitet. Mit ihm gingen die Gäste auf die Suche nach dem Teufel. Lohmeier gab eine bestimmte Situation vor – die Besucher sollten dazu eine Redewendung finden, in der der Teufel vorkommt. Wenn also zum Beispiel etwas richtig ekelhaft sei, sage man: „Pfui Deife“, antworteten die Gäste sofort. In anderen Fällen war der Teufel schwerer zu finden. Dass jemand mit einem widerstandsfähigen Magen „an Deife samt de Herndl fressn ko“, wäre den wenigsten auf Anhieb eingefallen. Vor dem Wörtersammeln und -raten hatte Schöberl einen Exkurs zu den Regeln des Dialekts gemacht. „Ich bin Lehrerin, ich kann da nicht aus“, sagte sie. Zwar gebe es unterschiedliche Familien innerhalb des Bairischen – Nordbairisch in Teilen Frankens und der Oberpfalz, Mittelbairisch vor allem in Ober- und Niederbayern und Südbairisch zum Beispiel in Tirol. Diese teilten aber bestimmte „Kennwörter“: Fasching zum Beispiel, oder Dult. Die Verschiebung des Lauts „ei“ zu „oa“ sei eine weitere Gemeinsamkeit.

Wer braucht vier Fälle, wenn es drei auch tun?

Auch in der Grammatik gebe es „Gesamtbairisches“ wie zum Beispiel die Verwendung der Fälle. Einen Genitiv gebe es im Bairischen nicht, Vronis Jacke sei – richtig: da Vroni ihr Jackn, oder die Jackn vo da Vroni. Erkennen ließen sich die Dialektfamilien zum Beispiel an bestimmten Unterschieden in der Aussprache, erklärte Schöberl. Die Kuh sei für einen Südbaiern ein Kchuah, für einen Mittelbaiern eine Kuah und für einen Nordbaiern eine Kouh. Zwischendrin lockerte der Singkreis die Veranstaltung mit Liedern im Dialekt auf. Mitsingen war ausdrücklich erwünscht, und die Gäste ließen sich nicht zweimal bitten.

 

[Text & Bild: Donau Post, Maximilian Eibl]

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