„Von enormer Bedeutung ist es, die Geschehnisse in unserem liebenswerten Städtchen Wörth in der Zeit während des Dritten Reiches zu dokumentieren und zu verstehen. Wir sollten die Zeit nutzen, da Zeitzeugen immer schwerer zu finden sind“, begann Lena Solleder aus Tiefenthal ihre aufschlussreichen Ausführungen, die sie im Rahmen ihrer Zulassungsarbeit ihres Staatsexamens verfasste. Dieses Thema lockte gut 100 Zuhörer am Samstagabend in den Bürgersaal, auffallend war die große Anzahl junger Menschen, die Interesse an diesem auch heute noch heiklen Thema zeigten. Dank zollte die Referentin den Zeitzeugen Franz Senft, Maria Baumgartner, Rupert Reiger, Erich Schöberl und den Schwestern Paula Zimmerer und Leni Büchele.
Als Adolf Hitler im Jahre 1933 die Macht in Deutschland übernahm, veränderte sich auch in Wörth einiges. Die NSDAP-Ortsgruppe wuchs kräftig an und bestimmte von da an die Geschehnisse. Am Samstag, 11. März 1933, wurde neben der Fahne Schwarz-Weiß-Rot und der bayerischen Fahne auch die Hakenkreuzfahne auf dem Rathaus gehisst. Im Sitzungssaal des Rathauses wurde je ein Bild des Reichspräsidenten von Hindenburg und des Reichskanzlers Hitler aufgehängt; ferner wurde beiden Personen das Ehrenbürgerrecht der Marktgemeinde angeboten.
Auch Straßen wurden umbenannt. Der Rathausplatz wurde in Horst-Wessel-Platz umbenannt und der Bereich Bahnhofstraße vom Marktplatz bis zum Bahnhof und bei der Sandstraße wurde zur Adolf-Hitler-Straße.
Ein Reichsarbeitsdienstlager mit 216 Mann wurde im Schloss Wörth einquartiert, um dem Ort wirtschaftlichen Aufschwung zu bringen. Der Arbeitsbereich umfasste infrastrukturelle Maßnahmen wie den Bau der Donaubrücke Wörth-Pfatter, den Ausbau der Straße nach Hungersdorf sowie das Legen von Gleisen. Das Arbeitsdienstlager unter Führung von Müllhofer nahm den Bau einer Verkehrsstraße von Wiesent über Dietersweg nach Aumbach ins Visier. Zum 1. Oktober 1935 wurde das Arbeitsdienstlager aufgelöst. Laut einem Zeitungsbericht bestand zur Bevölkerung ein gutes Verhältnis.
Die zahlreich neu geschaffenen Ortsgruppen veränderten das gesellschaftliche Leben in großem Maße. Die Hitlerjugend, der Bund Deutscher Mädchen, die SA und SSl, das wohl effektivste und gefährlichste Machtinstrument der NS-Diktatur, sollte die politische Denkweise kontrollieren.
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Umgang mit Fremdarbeitern
Auch in Wörth gab es zahlreiche „Fremdarbeiter“, die zwangsrekrutiert wurden und in Industrie und Landwirtschaft eingesetzt waren. Ihnen waren polizeilich überwachte bestimmte Lebensführungsregeln auferlegt. Verstöße konnten mit Arbeitsdienst- oder Konzentrationslager geahndet werden. Auch in Wörth gab es immer wieder Menschen, die den Ausgegrenzten Hilfe anboten. Ein Brauereibesitzer gab seinen zugeteilten Polen Bier zu trinken und stellte ein geheiztes Zimmer. Auch soll er mehrere Polen und ausländische Arbeiter vor Gestapo/KZ bewahrt haben.
Bei manchen ging das Verhältnis jedoch weit über die Solidarität hinaus. In Wörth und Umgebung ereigneten sich zwei dokumentierte Fälle von „Verbrechen Liebe“. Von anderen Einwohnern gemeldet „Verkehr mit einem polnischen Fremdarbeiter“ zu haben, wurde die Kriegswitwe Emma Pex aus Tiefenthal, nachdem sie mehrfach flüchten konnte, für ein Dreivierteljahr in das Frauen-KZ Ravensbrück gebracht. Ihr Partner wurde zusammen mit zwei weiteren Kameraden, die von der Beziehung wussten, im KZ Flossenbürg erhängt.
Kirchlicher Widerstand
Die Katholische Kirche galt unter den Nationalsozialisten als „Störfaktor“, wenn nicht gar als Gegner. Doch einige Wörther widersetzten sich einem solchen menschenverachtendem System. Pfarrer Wolfgang Schleich, Obmann der katholischen Verbände, stellte sich Hitlers Herrschaft entgegen, auch konnte man die Sichtweise des Pfarrers an seinem Einsatz für die katholischen Verbände wie die Weiße Rose, DJK und katholischen Burschenverein erkennen. Dies führte regelmäßig zu Beschwerden und Klagen gegen ihn. Bereits am 24. April 1934 sollten jegliche konfessionellen Verbände in der Gemeinde Wörth verboten werden. Laut Obersturmbannführer war dies dringend nötig, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten. Der katholische Jungmädchenverein sowie der katholische Jungmännerverein waren trotz Verbotes weiterhin recht aktiv, was mehrere Übertretungen der nationalsozialistischen Anordnungen und Anzeigen wegen unerlaubter Zusammenkünfte belegen. „Während meiner Recherchen musste ich leider erkennen, dass das Thema ,Das Dritte Reich’ in Wörth immer noch sehr heikel ist. Einige nannten mich mutig, dennoch freuten sich die meisten der Zeitzeugen über die Aufarbeitung des Themas.
[Donau-Post, Beate Geier]